9. Bluetezeit des Ringens in Bayern

 

Doch gerade nach diesen harten Jahren folgte in Bayern aus nationaler Sicht ein Hoch bei den Mattensportlern! Nachdem der Alliierten Kontrollrat  bis 1946 Sportfachverbände in Deutschland unterbunden hatte, übernahmen  nach dieser Aufhebung ein Münchner (Hergl) und ein  Wahlbayer (Foeldeak) die Initiative. Am 21.6.1946  wurde im Freistaat der von den amerikanischen Besatzungsstreitkräften zugelassene politisch neutrale Bayerische Landessportverband  (BLSV) als Landesdachorganisation für alle organisierten Sportvereine gegründet. Dessen Sachbearbeiter und späterer Hauptgeschäftsführer war der Münchner Josef Hergl vom früheren Ringerverein Roland Ramersdorf.  Der Schwerathletik-Verband war sportartspezifischer Unterbau des neuen BLSV auf bayerischer Ebene und zugleich Landesfachverband für den Deutschen Athletenbund  (DAB). Landes- und Bundesvorsitzender  beim DAB war von 1949 bis 1962 auch hier der bereits erwähnte Hergl. Mit 24 Fachverbänden kam man beim BLSV  übrigens kurz nach dem Krieg aus. Diese Zahl hat sich bis 1997 mehr als verdoppelt.

 Es war noch die Zeit des Hungerns, des Verzichtens, des Improvisierens, aber auch der ersten Auswärtskämpfe. Mit Fahrrädern, Holzvergaser-LKW oder Militärfahrzeugen der Besatzer wurden diese Fahrten durchgeführt.

 Die verbliebenen Ringer des aufgelösten KSC Fürth 97 traten 1946 der Kraftsportabteilung des ASV Fürth bei.

 Der SC Armin München krempelte zu diesem Zeitpunkt die Ärmel hoch und baute sich in 3000 freiwilligen Arbeitsstunden in der Pfeufferstraße eine vereinseigene Sportstätte.

 „Keine Siegesfeier - ohne Bayer“ lautete nun das Motto. Macher und Material stimmten in Bayern. Die Macher waren Josef Hergl, Franz   P e t e r  und Jean Foeldeak, das Material waren kräftige und willige Burschen. Peter, 1940 und 41 Deutscher Meister im Halbschwer,  wurde beim BLSV sofort Vizepräsident, wurde beim Schwerathletikverband Landesvorsitzender und stieg 1963 hauptberuflich in München bis zum Leiter der Staatsmittelabteilung in der BLSV-Verwaltung auf. Zusammen hatten die drei alles fest im Griff, wohnten und lebten in oder bei München und konnten Sport und Beruf einmalig verbinden. Kein BRV-Präsidiumsmitglied konnte später eine ähnliche Traumkarriere beim BLSV wiederholen.

 

Foto: 1947 Sedlmeyer, Peter, Maier und Schmucker vom BLSV-Präsidium

 Bei der ersten Deutschen Mannschaftsmeisterschaft nach dem Krieg stand mit Neuaubing wieder eine bayerische Riege  1948 im Endkampf. Die Reichsbahn SG Köln gewann mit 8:6 über den Namensvetter  RTSG Neuaubing. Nach Abschaffung der Reichsbahn wurde Neuaubing in den heute noch gültigen Eisenbahn-Sportverein (ESV) umgetauft.

  

Foto: Oswald Truckenbrodt ASV Fürth

 Oswald Truckenbrodt errang 1948 bei den ersten Deutschen Einzelmeisterschaften der Nachkriegszeit den Mittelgewichtstitel für den ASV Fürth. Dies taten ihm der altgediente  Wolfgang Ehrl (Leicht/München), sowie Josef Paar (Welter/Reichenhall) und Fritz Müller (Schwer/Bamberg) nach. Nach Aussage von Konrad Truckenbrodt, ständiger Besucher von Bayerischen Nachwuchsmeisterschaften und als Betreuer von Peter Engelhardt (04 Nürnberg) bekannt, waren dies die letzten Deutschen Gesamtmeisterschaften, da ab 1949 nach Gründung der DDR in der sowjetischen Besatzungszone eigene Meisterschaften ausgetragen wurden. Mir ist aber ausgefallen, dass Ringer aus Suhl und Apolda auch noch zu Beginn der 50er Jahre bei Deutschen Meisterschaften Medaillen gewannen. Insofern kann diese Aussage nicht ganz korrekt sein. Die tatsächliche Trennung kam erst 1955, doch hierzu später ausführlicher.

 

Foto: Ehrl am Ende seiner erfolgreichen Sportkarriere 1948

 Der Münchner Wolfgang Ehrl brachte es auf insgesamt acht Deutsche Männermeisterschaften, eine EM (1934), eine Vize-EM (1933), zwei Bronze-EM-Medaillen ( beide 1935) und zwei olympische Silbermedaillen (1932 und 1936). Hinter Kurt Hornfischer ist er somit der erfolgreichste bayerische Ringer.

  Am 22.10.1949 wurde in Ludwigshafen-Friesenheim im Gasthaus „Zum Weinberg“ der DAB gegründet. Unter dem Vorsitzenden Hergl verlagerte sich der sportpolitische Schwerpunkt der deutschen Schwerathleten nach Süddeutschland.